Am 2. Juli 2020 haben die Autoren des Global Waste Monitors ihren aktuellen Bericht veröffentlicht. Die Quintessenz: Die Menge an jährlich neuem Elektroschrott wächst weiter, während die Recyclingquote stagniert.
21 % mehr Elektroschrott in 5 Jahren
Satte 53,6 Millionen Tonnen Elektroschrott sind dem Bericht zufolge im Jahr 2019 weltweit zusammengekommen. Damit verzeichnen die Autoren des Reports ein Rekordwachstum von 21 % in nur fünf Jahren. Mit 74 Millionen Tonnen Elektroschrott im Jahr 2030 sieht auch die Prognose ziemlich düster aus. Aber woran liegt das?
{{include_include-magazin}}Mehr Produkte und Käufer bei kurzer Lebensdauer
In die Erhebung fließen alle Produkte ein, die Stecker oder Batterie besitzen und damit als Elektro- oder Elektronikgerät klassifiziert sind. Und wer in dem Moment, in dem er diesen Artikel liest, einmal um sich schaut, wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zahlreiche solcher Geräte entdecken. Denn die Innovationen nehmen zu und Hersteller bringen immer neue Produkte auf dem Markt.
Genau hier liegt den Autoren zufolge das Problem: "Das ist der wackelnde Hund, das ist das elektrische Werkzeug für den Garten, das sind intelligente Kleidungsstücke, die den Puls messen", so Rüdiger Kühr, Mitautor des Berichts, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Auch die finanziellen Mittel reichten mittlerweile bei immer mehr Menschen aus, sich genau solche Produkte zu leisten. Zeitgleich seien viele der Produkte nicht besonders langlebig, wodurch diese schnell ausrangiert würden. Reparaturmöglichkeiten bei oft simplen Defekten gäbe es in vielen Fällen schlichtweg nicht.
UN-Experten: nur 17.4 % Recyclingquote bei E-Schrott
Nicht nur die schiere Menge an Elektronikprodukten scheint Kern des Problems zu sein. Vielmehr gibt es puncto Recycling dringenden Nachholbedarf. UN-Experten haben berechnet, dass lediglich 17,4 % des anfallenden Elektroschrotts im Jahr 2019 eingesammelt und recycelt wurden. Allerdings handelt es sich bei der Zahl um einen Durchschnittswert, der insbesondere durch Afrika (0,9 % Recyclingquote) und Asien (11,7 % Recyclingquote) so niedrig liegt. In Europa lag die Elektroschrott-Recyclingquote im Jahr 2019 bei immerhin 42,5 %.
Was ist Elektroschrott?
Als Elektroschrott bezeichnet man Elektro- und Elektronikgeräte bzw. einzelne Komponenten (Bauteile) dieser Geräte, die nicht mehr in ihrer ursprünglichen Funktion genutzt werden (können). Eingeordnet wird Elektroschrott gemäß Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) in zehn Kategorien und sechs Sammelgruppen: 1. Wärmeüberträger, 2. Bildschirme, Monitore und Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 cm² enthalten, 3. Lampen, 4. Haushaltsgroßgeräte über 50 cm Länge / Breite, 5. Haushaltskleingeräte unter 50 cm Länge / Breite sowie 6. Photovoltaikmodule.
Was steckt "Wertvolles" drin im Elektroschrott?
57 Milliarden US-Dollar: Das ist der reine Materialwert des in 2019 angefallenen Elektroschrotts. Insbesondere seltene Erden und Edelmetalle wie Aluminium, Kupfer, Silber und sogar etwas Gold stecken in alten Computern und weiteren Elektrogeräten.
Doch statt diese Rohstoffe für neue Produkte zu nutzen, landet ein Großteil davon einfach auf Müllkippen oder wird verbrannt. Die Folge: Es müssen neue Rohstoffe unter teils menschenunwürdigen Bedingungen werden. Vor allem in Afrika buddeln Kinder mit bloßen Händen Meter tief, auf der Suche nach Rohstoffen für die Smartphone-Produktion.
Alles nur die halbe Wahrheit: Recyclingverfahren umweltschädigend?
Zwar ist der Export von Elektroschrott illegal, doch leider Gottes nach wie vor gängige Praxis. Viele Altgeräte, die hierzulande nicht recycelt werden, landen in Afrika oder Indien, wo sich die Müllberge aus europäischem Elektroschrott in abgelegenen Slums meterhoch stapeln. Für einen Hungerlohn nehmen Menschen dort die einzelnen Komponenten auseinander und verkaufen sie weiter.
Ein weiteres Problem: Beim Auseinandernehmen, zum Beispiel von Computergehäusen, entstehen giftige Stäube. Durch das Erhitzen der Platinen werden zudem kadmium-, blei- und quecksilberhaltige Dämpfe freigesetzt. Ein "Cocktail", der von den "Verwertern" ständig eingeatmet wird und die Gesundheit gefährdet. Teile der Stoffe gelangen auch in die Umwelt und belasten das Ökosystem.
Was jede/r Einzelne von uns tun kann
Können Elektro- bzw. Elektronikgeräte in ihrer ursprünglichen Funktion wiederverwendet werden, sollte diese (direkte) Wiederverwendung Vorrang vor jeder weiteren Form der Rezyklierung haben. Das ist beispielsweise bei leeren Druckerpatronen der Fall, die aufgrund ihrer Mikrochips gemäß ElektroG zu behandeln sind. Die Kartuschen können gereinigt, wiederbefüllt und als preiswerte und umweltfreundliche Rebuild- bzw. Refill-Druckerpatronen erneut im Handel angeboten werden.
Bei alten Druckern, Monitoren, Smartphones, Waschmaschinen und Co sollten Verbraucher die Rücknahmepflicht der Händler und / oder das Angebot der Sammelstellen oder Wertstoffhöfe nutzen. Nur so lassen sich Sammel- und Recyclingquote hochhalten und eventuell sogar noch steigern.
Dass die Anzahl der Elektrogeräte, welche im Jahr 2018 der Erstbehandlung bei einem Wertstoffhof (oder in einem Sammelcontainer) zugeführt wurden im Vergleich zum Vorjahr um 1,7 % gestiegen ist, verdeutlicht - trotz stagnierender Recyclingquote - jedenfalls in Deutschland einen positiven Trend.
Quellen:
The Global E-waste Monitor 2020
UN-Bericht: Weltweiter Berg an Elektroschrott wächst massiv
Elektroschrott wird immer größeres Problem