Wir leben in Zeiten von WLAN und Bluetooth - kabelloser Übertragungstechniken. Doch diese Technologien machen Kabel bei Weitem nicht überflüssig. Ganz im Gegenteil - denken Sie nur daran, wo Smartphones, Tablet-PCs und Co die nötige Energie herbekommen, um solche Technologien überhaupt erst nutzen zu können. Strom, der diese Geräte speist, wird auch zukünftig einzig und allein über Kabel übertragen werden. Zusammen mit der Telefonleitung kommt man, würde man die Gesamtlänge dieser Kabel zusammenrechnen, auf mehrere Kilometer Verkabelung in jedem Haus. Noch deutlicher wird der Umfang bei der Verkabelung von Unternehmensgebäuden oder beispielsweise der Bordelektronik von Flugzeugen. Ohne Kabel geht trotz Funk, Bluetooth, WLAN und weiteren Formen kabelloser Übertragung rein gar nichts. Leider landen nach wie vor noch viele dieser Kabel einfach auf dem Müll. Zwar muss man gestehen, dass die meisten Stromkabel in der Regel eine sehr hohe Lebensdauer besitzen, doch sind auch diese nicht "unkaputtbar" und müssen somit irgendwann entsorgt und ausgetauscht werden. Landen diese schlichtweg auf dem Schrott, stehen sie der Wiederverwertung und dem Recycling nicht zur Verfügung. Damit stellen entsorgte Kabel häufig ungenutztes Rohstoffkapital dar. Die meisten Kabel setzen sich aus verschiedenen Stoffen zusammen, die in verschiedenen Industrien benötigt werden. So kann aus recycelten Kabeln, dank verschiedener Verfahren, Material für die Produktion neuer Güter und zahlreicher Produkte gewonnen werden.
Der Aufbau von Kabeln
Kabel bestehen in der Regel aus einer oder mehreren Adern - dem elektrischen Leiter - sowie Isolierstoffen. Als elektrischer Leiter dienen hier vor allem Kupfer, Aluminium oder andere geeignete Metalllegierungen. Lichtwellenleiter - sogenannte LWL Kabel - bestehen aus Kunststoff- oder Quarzglasfasern. Lichtwellenleiter kennen wir daher auch als Glasfaserkabel.
Bild: Der Aufbau von Kabeln: Äußere Hülle, Schutzbeschichtung, Mantel und Kern (v.A.n.I.)
Kupfer als wichtiger Bestandteil von Kabeln und anderen Gütern
Kupfer, ein weiches und dehnbares Material, ist neben der elektrischen Leitfähigkeit auch ein hervorragender Wärmeleiter. Es ist resistent gegenüber Korrosion und hat zusätzlich antimikrobielle Eigenschaften, die das Element zum idealen Stoff für die Herstellung von Rohrleitungen und Wasserhähnen machen. All das macht Kupfer zu einem Material, das auf vielen Gebieten Anwendung findet. Kupfer ist zusätzlich eine wichtige Komponente von Generatoren, Motoren, Transformatoren und Systemen zur Erzeugung Erneuerbarer Energien. Und wenn man einen Blick in seine Geldbörse wirft, stellt man fest, dass die Münzen mit geringem Wert ebenfalls aus Kupfer oder aber einer Kupfer-Legierung bestehen. Kupfer wird in der Regel aus unterschiedlichen Erzen hergestellt. Als Ausgangsstoff dient CuS (Kupfersulfid). Die größten Vorkommen der Erze findet man in den USA, Peru, Australien, China, Indonesien, Russland, Kanada, Zambia, Polen, Kasachstan und Mexiko. Der mit Abstand größte Kupferproduzent ist Chile. Bei der Wiederverwertung von Kupfer aus alten Kabeln lassen sich nicht nur die Rohstoffe sparen, sondern auch die Wirtschaftskraft des eigenen Landes unterstützen, indem auf die Gewinnung und den Import der Rohstoffe aus dem Ausland verzichtet wird.
Die Kunststoffummantelung
Aus dem PVC der alten, aussortierten Kabel werden Rezyklate gewonnen, die zu hochwertigen Produkten weiterverarbeitet werden können. So zum Beispiel im Straßenverkehr als Bakenfuß und Leitschwelle oder als robuster Bodenbelag für zu Hause, Geschäftsräume, Cafés und Supermärkte.
Aluminium
Aluminium, das zwar nicht ganz so leitfähig ist wie Kupfer, wird dank seines geringeren Gewichtes häufig als elektrischer Leiter in Kabeln, die diese Eigenschaft haben müssen, verbaut. Schaut man sich allein in seinem Haushalt um, wird man feststellen, dass Aluminium zu den mittlerweile am häufigsten verwendeten Materialien der Welt gehört. Dosen, Bratpfannen, Alufolie, Bestecke, Kochtöpfe, Autofelgen und Karosserien. Aber auch Handys und Smartphones setzen vermehrt auf Gehäuse aus dem chemischen Element. Die Liste der Produkte und Gegenstände die aus Aluminium gefertigt werden ist lang. Da bezüglich der klassischen Aluminiumproduktion ökologische Probleme diskutiert werden, stellt ein Wiedergewinnen dieses Rohstoffs aus alten Kabeln einen Mehrwert für die Umwelt und die Wirtschaft gleichermaßen dar.
Wo sind die meisten Kabel verbaut?
Bild: In Gegenüberstellung zu den benötigten 11,8 Million sind das beachtliche 76%, die der Industrie bereitstünden
In einem durchschnittlichen KFZ der Mittelklasse sind ca. 2 km Kabel verlegt, die rund 2.500 Kontakte miteinander verbinden. Bei jährlich wachsenden Exportraten der Automobilindustrie kommt man auf eine beachtliche Menge an Kabeln. Noch deutlicher wird der Umfang in der Flugzeugindustrie. Die Anzahl der bestellten Flugzeuge nahm allein beim Hersteller Boeing von 2009 bis 2014 stetig zu. Im Jahr 2009 wurden 263 Bestellungen registriert - in 2014 waren es bereits mehr als 1.500 Stück. In einer Boeing 747 sind um die 275 Kilometer Kabel verbaut. Gehen wir zum Hersteller Airbus und betrachten den A380, liegen wir bei einer unfassbaren Länge von 500 Kilometern Kabel, welche die gesamte Elektronik des Flugzeugs ans Laufen bringen.
Doch es werden nicht nur neue Flugzeuge und Autos gebaut, sondern irgendwann auch ausrangiert. In den letzten Jahren landeten etliche tausend Maschinen auf dem Müll. Bei 1.000 Boeing 747 wären wir bei etwa 275.000 Kilometer Kabel. Immense Mengen an Kupfer und Kunststoff, die bei entsprechender Wiederverwertung natürliche Ressourcen nachhaltig schonen können.
Jedes Jahr fallen rund eine halbe Million PKW in Deutschland als Altfahrzeuge an. Bei etwa 2 Kilometern Kabel pro KFZ sind das jährlich um die 10.000.000 Kilometer Kabel, die zur Wiederverwertung bereit stehen. Laut OICA (Internationale Automobilherstellervereinigung) lag die Produktion der KFZ allein in Deutschland im Jahr 2014 bei rund 5,9 Million Stück. Die Neuwagen benötigen also Kabel in einer Länge von 11.800.000 Kilometern. Gehen wir von einer Verlustrate von etwa 10 % bei recycelten Kabeln aus, so wären das immerhin noch 9 Million Kilometer Kabel. In Gegenüberstellung zu den benötigten 11,8 Million sind das beachtliche 76%, die der Industrie bereitstünden.
Das Recycling der Kabel
Nachdem eine Vorsortierung erfolgt ist, werden - bei der Verwertung von Altgeräten - diese im ersten Schritt meist per Hand, zunehmend aber auch in automatisierten Prozessen, in einzelne Bauteile zerlegt. Die Gerätekabel werden dann in einem werkstofflichen Verfahren aufbereitet, in dem zunächst mittels klassischer mechanischer Verfahren Kupfer, Aluminium sowie die Kabelummantelungen voneinander getrennt zurückgewonnen. Die Metalle dienen als wichtige Rohstoffe für neue Erzeugnisse. Auch die alten PVC-Kabel werden zu Rezyklaten, aus denen wiederum neue Produkte entstehen.
Bevor wir also den nächsten Sperrmüll bestellen, sollten wir prüfen, ob wir nicht im Begriff sind relevante Mengen von Kabeln damit der Wiederverwertung vorenthalten, die aktiv als Beitrag zur Schonung natürlicher Ressourcen dienen könnten - und neben einem guten Gewissen sogar den eigenen Geldbeutel füllen können.